von Theresa Pohl
Samstag, fast Sonntag: Willkommen in Juárez!
Wir kommen zwar nicht alle gleichzeitig und auch nicht alle mit Gepäck an, aber:
Hier sind wir und beziehen unsere Wohnungen in den Casitas Veronica.
Sonntag: Heute geht es los, einen ersten Blick auf die Stadt werfen, in der wir die nächsten drei Wochen leben werden und deren zahlreiche Projekte und Initiativen wir kennen lernen dürfen.
Begonnen wird damit auf dem Mercado del Monu, einer Mischung aus Kunsthandwerks- und Flohmarkt, der aber genauso Massage und Essen bietet. Wir sind dabei zu Füßen der Statue von Benito Juárez, dessen Namen die Stadt seit Ende des 19. Jh. trägt. Nach ein wenig Schlendern treffen wir Caro und Pablo, die uns die nächsten Wochen viel begleiten und unterstützen werden.
Der Mercado ist mit Pablos Verdienst. Dank ihm als Mitbegründer kann man sich hier seit 1998 sonntags treffen, zwischenzeitlich wegen Umbauten des Platzes allerdings in die Nebenstraßen ausgelagert. Je nach Wetter finden sich hier mehrere hundert Leute ein um gemeinsam draußen zu stöbern, zu diskutieren, Musik zu hören und Zeit miteinander zu verbringen.
Der Mercado ist das beste Beispiel für das „Zurückerobern“ des öffentlichen Raumes durch die EinwohnerInnen von Juárez. Auch wenn sich in der Stadt die Sicherheitslage von der in deutschen Städten unterscheidet; hier merkt man davon nichts.
Auf dem Mercado lernen wir als nächstes Leo kennen. Er kennt die Stadt in- und auswendig und gibt uns eine Stadtführung. Der Rundgang führt uns weiter ins Zentrum. Hier sehen wir zum ersten Mal die Memoriales, Wandmalereien, die an die verschwundenen und ermordeten Mädchen aus der Stadt erinnern.
Im Zentrum der Stadt, das bei uns in Deutschland eigentlich überall Vorzeigestadtteil ist, sieht man deutlich die Missstände der Politik. Leo erklärt uns das gescheiterte, bzw. auf Eis gelegte Busprojekt, dass für die EinwohnerInnen der Stadt so wichtig wäre. Busse sind für die meisten Menschen in Juárez das wichtigste Transportmittel, da viele weite Strecken bis zu den Arbeitsstellen in den Maquilas zurücklegen müssen. Aber aufgrund unterschiedlicher Interessen und Korruption in der Politik wird der Buslinienausbau so schnell nicht weitergehen.
Das historische Zentrum rund um die Kathedrale ist kaum als solches zu erkennen. Vielen Gebäuden fehlt der erste Stock, zwischen einigen Häusern sind ganze Grundstücke einfach leer. Mitten in der Stadt stehen wir plötzlich auf einer leeren Fläche, die schon seit Jahren Baustelle ist. Um die Gewalt aus der Innenstadt zu bekommen hat man nicht die Gewalt, sondern die Innenstadt entfernt. Ein Plan, der so nicht aufgegangen ist.
Dennoch hat Juárez eine lebendige, bunte und laute Innenstadt und das Café Nueva Central, in dem wir unser erstes mexikanisches Essen genießen können.