Queers in Benin
Politische Reise nach Benin vom 20. Oktober bis 1. November 2025
In westlichen Medien dominieren oft negative Schlagzeilen über queere Menschen in Afrika: Zuletzt Anfang 2024, als Uganda und Ghana Homosexualität gesetzlich kriminalisierten. Diese Berichte erwecken den Eindruck, dass queeres Leben in afrikanischen Ländern durchweg tabuisiert und unterdrückt wird – in 31 von 54 Ländern ist Homosexualität tatsächlich kriminalisiert. Doch es gibt auch Ausnahmen. Im westafrikanischen Benin zum Beispiel sind homosexuelle Handlungen nicht gesetzlich verboten. Doch was bedeutet das in der Realität? Wie leben queere Menschen in Benin? Was bedeutet es im Alltag, homo-, bi-, trans- oder intersexuell zu sein? Wie reagiert ihr Umfeld – die Familie, Freund*innen, die Gesellschaft?
Unsere Partner*innen der beninischen LGBTQI*-Organisation “Hirondelle Club” berichten, dass der Staat sexuelle Minderheiten offiziell zwar nicht verfolgt, jedoch auch nicht anerkennt. Das Fehlen rechtlicher Unterstützung führt dazu, dass queere Menschen gesellschaftlich kaum akzeptiert sind und häufig Gewalt und Diskriminierung erleben. Der “Hirondelle Club” setzt sich seit seiner Gründung dafür ein, dieser Diskriminierung entgegenzuwirken, denn queere Menschen haben in Benin keinerlei rechtliche Absicherung – einzig bei HIV-Präventionsmaßnahmen wird Unterstützung geboten. Da viele LGBT*-Organisationen in Benin unter diesem Deckmantel arbeiten, wird Homosexualität in der Gesellschaft fälschlicherweise oft ausschließlich mit HIV in Verbindung gebracht.
Gleichzeitig existiert in vielen afrikanischen Ländern das Narrativ, dass Homosexualität eine „Krankheit der Weißen“ sei und auf dem afrikanischen Kontinent keinen Platz habe. Die Geschichte zeigt jedoch ein anderes Bild: Historische Überlieferungen aus Westafrika belegen beispielsweise alternative matriarchale Herrschaftsstrukturen und die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Liebe. In den alten Yoruba- und Hausa-Sprachen gibt es Begriffe wie “yan daudu” für „weibliche Männer“ oder „Männer als Ehefrauen“, die einst wertfrei und beschreibend genutzt wurden. Forscher*innen zu Queerness in afrikanischen Ländern sehen eine Verbindung zwischen dem Anstieg von Homophobie mit dem Erstarken fundamentalistischer christlicher Gruppierungen seit den 1980er Jahren.
In Benin spielt die Voodoo-Religion eine große Rolle (Voodoo bedeutet in der lokalen Sprache Fon „Gottheit“ oder „Geist“). Viele Menschen, die zwar offiziell einer christlichen oder muslimischen Glaubensrichtung angehören, praktizieren trotzdem Voodoo-Riten – in Benin schließt das eine das andere nicht aus. Das wird auf unserer Reise ein besonders interessanter Aspekt sein, denn queere Menschen in Benin sehen eine klare Verbindung zwischen Voodoo und Queerness, die sich beispielsweise in verschiedenen Voodoo-Göttern zeigt: Diese verkörpern häufig nicht eindeutige Geschlechtsidentitäten und -ausdrücke und können aufgrund ihres Aussehens oder ihrer Lebensweise als queer oder transgender gelesen werden.
Während dieser Reise wollen wir uns also ein eigenes Bild machen – über das Leben und die Akzeptanz queerer Menschen in Benin und darüber hinaus. Gemeinsam mit unseren Partner*innen vor Ort erkunden wir, wie das Queer-Sein in Benin erlebt und gestaltet wird. Unsere Reise soll auch dazu beitragen, die queere afrikanische Geschichte lebendig zu halten und weiterzuerzählen. Der nigerianische LGBT*-Aktivist Bisi Alimi formulierte es treffend: „Die wahre afrikanische Kultur ist eine, die Vielfalt feiert, Gleichheit und Akzeptanz fördert und den Beitrag eines jeden wertschätzt, unabhängig von deren Sexualität.“ Ein zentrales Element dieser Reise sind Gespräche mit Menschen aus politischen und zivilgesellschaftlichen Initiativen: Welche Zukunftsperspektiven hat die queere Bewegung in Benin? Welchen Platz haben queere Persönlichkeiten in der Geschichte Westafrikas? Und wie sehr ist der Kampf queerer Menschen um Anerkennung auch Teil der panafrikanischen und postkolonialen Bestrebungen?
Programm und Ablauf
Die Reise wird in Zusammenarbeit mit dem “Hirondelle Club” durchgeführt, der 2010 gegründet wurde, nachdem ein junger Mann von seinem eigenen Vater wegen seiner sexuellen Orientierung ermordet wurde. Ein wichtiges Anliegen des Clubs ist der Schutz minderjähriger LGBT*-Personen, die von ihren Familien verstoßen wurden. Ein Wunsch ist es, dass während und nach der Reise neue Ideen für die Unterstützung der Organisation sowie die Zusammenarbeit zwischen beninischen und deutschen Aktivist*innen entstehen.
Unser Reiseprogramm konzentriert sich überwiegend auf Cotonou, die größte Stadt Benins und seine Vororte. Abhängig von der Zusammensetzung und den Interessen der Gruppe sind auch Ausflüge in andere Städte und Landesteile möglich. Auch individuelle Weiterreisen in die benachbarten Länder Nigeria, Togo oder Ghana sind nach Absprache möglich.
Reiseleitung
Korbinian Schütze, Architekt, Bühnenbildner und erfahrener Leiter internationaler Austauschprogramme, organisiert diese Reise. 2011/12 absolvierte er einen Freiwilligendienst in einem Jugendzentrum in Benin und kehrt seitdem regelmäßig zurück. Neben Bildungsreisen nach Finnland und Italien (Venedig) organisierte er 2019 eine politische Reise nach Benin für den IAK zum Thema “(Neo-)koloniale Spuren entlang der ‘Sklavenküste’”.
Unterstützt wird Korbinian von lokalen Partner*innen in Benin und von einer dolmetschenden Begleitperson. Französischkenntnisse sind daher kein Muss, um an der Reise teilzunehmen!
Unser Ziel ist es, die Reise als gemeinschaftliche Erfahrung zu gestalten, bei der alle Teilnehmer*innen gleichermaßen involviert sind und sich verschiedene Bedürfnisse respektvoll nebeneinander entfalten können.
Programmzeitraum
Montag, 20. Oktober 2025 bis Samstag, 1. November 2025 (13 Programmtage)
Zusätzlich bieten wir an, vor oder nach der Reise gemeinsam einige Tage in Benin zu verbringen. Wir empfehlen einige Akklimatisationstage bei Ankunft, insbesondere um Cotonou, den Alltag vor Ort und auch einige touristische Sehenswürdigkeiten zu erleben. Nach Programmende können einige weitere Reisetage angenehm zum “Ausfaden” sein, insbesondere um noch in andere Landesteile zu reisen oder noch ein paar Tage gemeinsam mit unseren Partner*innen vor Ort zu verbringen.
Ein zweitägiges Vorbereitungstreffen ist für August/September 2025 geplant.
An- und Abreise
Anreise bis spätestens Sonntagabend, 19. Oktober 2025
Rückreise ab frühstens Samstagabend, 01. November 2025
Wie weiter oben erwähnt, empfehlen wir die Anreise bereits 3-4 Tage vorher und unterstützen dabei organisatorisch. Genaue An- und Abreisedaten können wir gemeinsam mit allen Interessierten bei einem ersten Infotreffen besprechen.
Kosten und Unterkunft
2.100 Euro
Der Teilnahmebeitrag umfasst die Flugkosten, Unterkünfte, Programmkosten, Gruppentransporte sowie die Unterstützung der Organisationen, die wir besuchen. Geplant ist die Unterbringung in einem Gästehaus/Ferienhaus in Cotonou in Doppelzimmern; gegen Aufpreis sind Einzelzimmer möglich, Mehrbettzimmer könnten den Beitrag ggf. reduzieren.
Zur Deckung der Reisekosten stellen wir aktuell Förderanträge. Ein Solidaritätstopf steht bei finanziellen Engpässen bereit; wendet Euch dazu vertraulich an uns.
Diese Reise kann ab einer Gruppengröße von 8 Teilnehmenden stattfinden.
Bildungsurlaub
Die Reise wird in Berlin als Bildungsurlaub mit bis zu zehn Arbeitstagen anerkannt. Eine Anerkennung in anderen Bundesländern hängt von den dortigen Regelungen ab.
Anmeldung
Interessierte können sich gerne möglichst bald an Korbinian unter korbinian@iak-net.de wenden. Ein erstes Info- und Kennenlerntreffen ist für Januar 2025 geplant. Danach ist die verbindliche Anmeldung möglich.