Dienstag, 25. März 2008, 19.00 Uhr
Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung
Kottbusser Damm 72, 10967 Berlin (U Hermannplatz)
Obwohl in Kirgistan nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion mit enormem Aufwand die Liberalisierung und Demokratisierung des Landes betrieben wurde, wird seit dem (in Deutschland als Rosenrevolution bezeichneten) Umsturz im März 2005 aktiv am Gegenteil gearbeitet: Der Staat baut massiv seine Macht aus. Dabei ist auffällig, dass dies mit offensichtlichen Verstößen gegen demokratische Prinzipien geschieht. Die Ereignisse der letzten drei Jahre lassen immer deutlicher werden, dass es im Land lediglich eine Imitation von Demokratie gibt. Zwar gibt es alle Institutionen eines demokratischen Staats, doch bleiben diese eine formale Hülle, während alle wichtigen politischen Entscheidungen in informellen Zusammenhängen getroffen werden. Trotz der enormen Mittel, die in den Aufbau einer demokratischen Gesellschaft geflossen sind, muss man feststellen, dass es in Kirgistan wie insgesamt in Zentralasien bisher keine entwickelte Demokratie mit funktionierenden demokratischen Institutionen gibt. In den Jahren der Unabhängigkeit hat sich zudem gezeigt, dass in Kirgistan keine Entwicklungsstrategie erarbeitet wurde und dass alle wichtigen politischen, ökonomischen und sozialen Probleme ungelöst blieben, weshalb sich die Gesellschaft derzeit in einer tiefen Krise befindet.
Die wichtigste Aufgabe, vor der Kirgistan steht, ist die Entwicklung einer Staats- und Gesellschaftsmodells, das nicht nur den Interessen der herrschenden Klasse entspricht, sondern auch die grundlegenden Bedürfnisse der Bevölkerung berücksichtigt und eine Stabilisierung der Gesellschaft ermöglicht. Eine wichtige Frage ist dabei, ob gesellschaftliche Akteure auf diese Prozesse Einfluss nehmen können und ob sie in der Lage sein werden, in dieser Phase gesellschaftlicher Identitätsfindung ihre Interessen durchzusetzen. Davon wird abhängen, wie in Zukunft das Verhältnis von Staat und gesellschaftlichen Akteuren ausbalanciert wird, und eine wichtige Rolle spielt dabei die Frage, wie mobilisierungsfähig die zivilgesellschaftlichen Akteure sind und ob sie es schaffen, die Interessen der Bevölkerung effektiv einzubringen.
Referentin: Yulia Chukhmatova
Veranstalter: Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung
Die Veranstaltung wird auf Deutsch und Russisch stattfinden. Die Veranstaltung ist kostenlos.