Finanzkrise, Selbstorganisierung der Gesellschaft, linke Alternativen im gegenwärtigen Rechtsruck

Politische Bildungsreise nach Buenos Aires, Argentinien vom 8. bis 20. Dezember 2025

Im Jahr 2001 erlebte Argentinien eine tiefgreifende Wirtschafts- und Finanzkrise, die das Land in eine politische Ausnahmesituation versetzte. Der teilweise Zusammenbruch des nationalen Bankensystems, die dramatische Abwertung des Peso sowie der Rücktritt und die Flucht des neoliberalen Präsidenten Fernando de la Rúa kennzeichneten diese Krise.

Für Argentinien und viele linke Bewegungen stellte die Finanzkrise eine einschneidende Erfahrung dar. Sie löste nicht nur massive soziale Proteste aus, sondern brachte auch neue Forderungen wie „Que se vayan todos“ (dt. „Lass sie alle gehen“) hervor – ein radikales Nein zu neoliberaler und korrupter Politik. Gleichzeitig entwickelten sich neue Formen des sozialen Widerstands und der gesellschaftlichen Selbstorganisation.

Die Krise führte zu landesweiten Massenprotesten: Generalstreiks, kollektive Straßen- und Platzbesetzungen sowie sogenannte „Cacerolazos“ prägten das Stadtbild. Schließlich gipfelte der Widerstand in einem offenen Aufstand der Bevölkerung, dem „Argentinazo“, der zahlreiche Todesopfer und Verletzte forderte und zur Flucht des Präsidenten führte.

Aus dem wirtschaftlichen und politischen Zusammenbruch heraus entstanden vielfältige Versuche der Selbstorganisation – von besetzten und in Kooperativen umgewandelten Fabriken über alternative Bildungsprojekte bis hin zu neuen Formen der Kulturarbeit in autonomen Zentren und freien Radios. Die politische Landschaft veränderte sich durch die Bildung einer neuen Regierung, die progressive linke Politikansätze zwischen Staat und sozialen Bewegungen erprobte. Auf gesellschaftlicher Ebene gab es Bestrebungen zur Demokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft, getragen von den Forderungen der sozialen Bewegungen.

Auch die Aufarbeitung der Menschenrechtsverbrechen der Militärdiktatur wurde intensiviert. Die Zusammenarbeit mit Menschenrechtsorganisationen wie den Madres de Plaza de Mayo und Hijos gewann an Bedeutung und festigte sich.

Zum Ablauf der Reise

Die Bildungsreise wird diesen alternativen Aufbrüchen nachspüren und untersuchen, welche dieser Entwicklungen angesichts des aktuellen Rechtsrucks Bestand haben. Abschließend soll analysiert werden, wie es zu diesem politischen Wandel kam und wie sich dieser unter der Regierung von Javier Milei manifestiert. Wir setzen uns dazu mit der Finanzkrise von 2001 auseinander, sprechen mit Zeitzeug*innen und besuchen eine „Piquetero“-Organisation, um zu verstehen, wie sich Menschen gegen neoliberale Politik und soziale Verelendung organisiert haben.

Ein Schwerpunkt liegt auf besetzten Fabriken und Arbeiterkooperativen. Wir besuchen Betriebe, die von ihren Beschäftigten übernommen wurden, sprechen mit Betroffenen über Selbstverwaltung und sehen uns den Film „The Take“ an, der die Bewegung dokumentiert. Auch kritische Medien und basisdemokratische Bildungsprojekte stehen auf dem Programm.

Neben ökonomischem Widerstand thematisieren wir feministische Kämpfe, Menschenrechtsaktivismus und die Aufarbeitung der Militärdiktatur. Wir treffen Aktivist*innen von „Ni Una Menos“, besuchen das Erinnerungsmuseum ExESMA und begleiten die „Madres de Plaza de Mayo“ bei ihrer wöchentlichen Demonstration.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der politischen Gegenwart: Wie kam es zum Rechtsruck in Argentinien? Welche Rolle spielen linke Jugendorganisationen heute? In Vorträgen, Diskussionen und Besuchen alternativer Kulturzentren reflektieren wir über aktuelle Entwicklungen und ziehen Parallelen zu anderen Ländern.

Die Reise bietet eine intensive Auseinandersetzung mit Widerstand, Solidarität und politischen Kämpfen – mit vielen Gelegenheiten, von den Erfahrungen sozialer Bewegungen zu lernen und eigene Perspektiven zu erweitern.

Termin

8. bis 20. Dezember 2025

Die Anreise der Teilnehmenden erfolgt selbstständig bis Sonntagabend, 7. Dezember 2025. Die Abreise ist ab Sonntag, 21. Dezember 2025 möglich.

 

Reiseleitung

Die Reise wird geleitet vom „URPS“-Team (Urban Research in Participatory Struggles).

Luciano Tepper hat langjährige Erfahrung in internationaler Zusammenarbeit und Wissenschaft mit Schwerpunkt auf E-Learning, Wissensmanagement und sozialer Entwicklung. Er promoviert aktuell u. a. in Arbeitssoziologie (Friedrich-Schiller-Universität Jena) und hat Abschlüsse in Arbeitsbeziehungen, internationaler Kooperation sowie Pädagogik und Philosophie. Außerdem forscht er zu sozialen Bewegungen und ist Mitautor von „Sin Patrón – Herrenlos Arbeiten ohne Chefs“ über Fabrikbesetzungen in Argentinien.

 

Teilnahmebeitrag

1.300 Euro (exkl. Hin- und Rückflug aus Europa)

Der Teilnahmebeitrag beinhaltet die Unterkunft in Doppelzimmern im „Guattari Institute“ in Buenos Aires, Frühstück, Programmkosten, Transport vor Ort, sowie Kosten für Dolmetschen.

An- und Abreise nach Argentinien wird separat von den Teilnehmenden getragen und organisiert. Hin- und Rückflug sind im o. g. Teilnehmendenbeitrag nicht enthalten. Hin- und Rückflüge nach/von Argentinien kosten je nach Verbindung etwa 1.000 bis 1.300 Euro.

Gegen Aufpreis von 250 Euro können nach Verfügbarkeit Einzelzimmer gebucht werden. Auf Wunsch ist auch die Unterbringung in Dreibettzimmern möglich, was den Teilnahmebeitrag um 80 Euro verringern würde.

Ein Solidaritätstopf ist vorhanden, bei finanzieller Enge wendet Euch bitte vertraulich an uns.

Bildungsurlaub

Auf Wunsch wird für die Reise eine Anerkennung nach dem Berliner Bildungsurlaubsgesetz als Bildungsurlaub beantragt. Eine Anerkennung in weiteren Bundesländern hängt von den dortigen Richtlinien ab.

Anmeldung

Weitere Informationen und Interesse-Bekundung unter argentinien@iak-net.de. Eine Anmeldung ist bis zum XX.XX.2025 möglich.

Unsere Reise kann ab einer Gruppengröße von 10 Personen stattfinden.

Argentinien (08.-20.12.2025)

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