25. September bis 10. Oktober 2004
Buenos Aires

Argentinien stand in den letzten Jahren wegen der Wirtschaftkrise und dem Widerstand sozialer Bewegungen gegen die neoliberale Politik oft im Zentrum der Aufmerksamkeit. Vor diesem Hintergrund möchten wir auf unserer Reise den verschiedenen Entwicklungslinien des Landes im 20. Jahrhundert nachgehen.

Ein Fokus soll dabei auf der Geschichte Argentiniens als Einwanderungsland liegen. Das drittreichste Land in den frühen Jahren, seine Hauptstadt als “Paris des Südens” bekannt, zog viele Immigranten an. In der aktuellen Krise bemühen sich viele ihrer Nachkommen um eine Remigration nach Europa.

Aufgrund des Nationalsozialismus und der bereits davor existenten antisemitischen Stimmung in Deutschland und Pogromen in Osteuropa flohen im 20. Jh. viele osteuropäische und vor allem deutsche Juden und Jüdinnen nach Argentinien. Heute befindet sich in Buenos Aires die drittgrößte jüdische Gemeinde der Welt.

Argentinien war aber auch das Fluchtziel vieler Nazis nach 1945, begünstigt von Perons offener Sympathie für Hitler. Sie gliederten sich in den deutschen Migrantengemeinden ein und unterstützten in der Folge die reaktionären Kräfte Argentiniens.

Der Peronismus bleibt bis heute ein besonderes politisches Phänomen: Bewegung sozialer Reformen einerseits, antidemokratisch und korrupt andererseits. Bis in die heutigen Zeiten definieren sich Politiker der Rechten wie der Linken als “Peronisten”. Die Rückkehr Perons in die Politik in den Siebzigern geht mit der Zuspitzung der Konflikte von Rechts- und Linksperonisten einher, die von der Rechten in die Militärdiktur überführt werden. Die argentinische Diktatur hat die meisten Toten und Verschwundenen in Lateinamerika gefordert. Anders als der schleichende Übergang in Chile, kam es 1983 zu einem offenen Bruch, der erst nachträglich in der Politik der Wahrheitskommissionen versöhnt werden sollte. Ein tatsächlicher Prozess der Vergangenheitsaufarbeitung wird jedoch bis heute von verschiedenen Akteuren eingefordert. Eine zentrale Rolle spielt hierbei die Widerstandsgruppe gegen die Militärdiktatur die “Mütter der Plaza de Mayo”, die für fast alle Linken heute noch ggf. kritischer Bezugspunkt ist. Wir wollen uns mit ihnen, der Gedenkpolitik allgemein und den Traditionslinien bis in die aktuelle Krise hinein auseinandersetzen.

Die aktuelle Situation in Argentinien, die Wirtschaftskrise als Ergebnis von zwei Jahrzehnten neoliberaler Politik und der – erneut peronistische Versuch, aus der politischen Krise zu führen, soll unser letzter Schwerpunkt auf der Reise sein.

Bereits während unseres Vorbereitungstreffens werden wir uns mit der argentinischen Geschichte auseinandersetzen. Die Ziele unserer Exkursionen sind dabei breit gestreut. Geplant sind u.a. Gespräche mit verschiedenen jüdischen und antifaschistischen Organisationen in Buenos Aires, mit dem Herausgeber der deutschsprachigen Zeitung Argentinisches Tageblatt (einem wichtigen Sprachrohr des Widerstandes gegen das nationalsozialistische Deutschland), ein Besuch des jüdischen Museums, Besuche in der offenen Universität der Mütter der Plaza de Mayo, Treffen mit den Hijos, der „Kinderorganisation“ der Verschwundenen, Vertretern der Linken, die die Hintergründe der aktuellen Krise beleuchten etc.

Zeitraum: 25. September bis 10. Oktober 2004 (Verlängerung möglich)

Teilnahmebeitrag: ca. 750 Euro, darin enthalten: Flug und Transfer zum Flughafen, Übernachtung und Vorbereitungsreader/-treffen.

Argentinien: Jüdische Immigration und Fluchtziel der Nazis – Militärdiktatur und Gedenkpolitik – Neoliberalismus, Krise und Protest
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