Auf (neo-)kolonialen Spuren entlang der „Sklavenküste“
Politische Reise nach Benin vom 04.-24.08.2019
Benins schmaler Küstenstreifen war einer der Hauptschauplätze des westafrikanischen Sklavenhandels. Offiziell ist der Kolonialismus vorbei und der Sklavenhandel abgeschafft, Benin wurde 1960 unabhängig. Was ist aber heute aus dieser Zeit vor der Unabhängigkeit sichtbar? Welche „kolonialen Kontinuitäten“ wirken bis heute weiter? Diese politische Bildungsreise führt uns an Originalschauplätze von Benins Kolonialvergangenheit, sodass wir uns selber ein Bild der komplexen Verhältnisse machen und mit Menschen und Organisationen vor Ort ins Gespräch kommen können.
Mit dieser Reise begeben wir uns auf die Suche und möchten uns einen Überblick über den Umgang mit dem Kolonialismus vor Ort und heute verschaffen. Sichtbare Zeugen sind Bauwerke und Infrastrukturprojekte wie Straßen und Eisenbahnen aus der Kolonialzeit. Einige Schauplätze wurden inzwischen in Museen verwandelt, andere verfallen, da viele einheimische Menschen diese Gebäude und die damit verbundene Ideologie nicht be- und erhalten möchten. Im westlichen Europa werden Begriffe wie „Denkmalschutz“ groß geschrieben, doch wie ist ein Gebäude zu schützen, wenn es ein Symbol für und Teil einer grausamen Vergangenheit ist?
Andere Überbleibsel aus der Kolonialzeit sind heute unsichtbarer und tarnen sich hinter Begriffen wie Rassismus, Diskriminierung, Entwicklungshilfe oder globale Rohstoffpolitik. Wie selbstbestimmt und tatsächlich unabhängig sind die Länder und deren Regierungen knapp 60 Jahre nach ihren Unabhängigkeiten? Welche Rolle spielen Entwicklungszusammenarbeit und die vernetzte Weltwirtschaft im postkolonialen Diskurs? Was ist im Alltag der einheimischen Menschen sichtbar, im Schulsystem, in Währungsunionen, in sprachlicher Abhängigkeit oder in Grenzkonflikten?
Diesen Fragen möchten wir uns stellen. Unser Ziel ist es, uns mit unseren eigenen Positionen bezüglich der afrikanischen Kolonialvergangenheit auseinandersetzen, ebenso mit unserem eigenen Weiß- und Privilegiert-Sein. Wir wissen jedoch bereits, dass wir dabei in einen Konflikt geraten: Wie können wir es als deutsche und überwiegend weiß-sozialisierte Reisegruppe schaffen, koloniale Strukturen nicht selber zu reproduzieren? Diese erste Reise des IAK in ein westafrikanisches Land soll auch in dieser Hinsicht eine Spurensuche sein und Ergebnisse für zukünftige Reisen liefern. Im Vorfeld der Reise arbeiten wir im Rahmen des Vorbereitungstreffens diese Fragen aus und untersuchen Mittel, wie wir uns selber während der Reise beobachten können.
Im Sinne des Austauschgedankens ist weiterhin ein Gegenbesuch für 2020 oder 2021 angedacht. Eine Untersuchung der kolonialen Spuren in Deutschland und des europäischen Umgangs mit dem historischen Erbe aus afrikanischer Sicht würde einen interessanten Perspektivwechsel und eine Ergänzung des Diskurses herstellen.
An den Programmtagen möchten wir:
- Kolonialgebäude besichtigen und den Umgang damit kennenlernen
- Konkrete Schauplätze des Sklavenhandels (z.B. Ouidah und seine Sklavenroute, Ganvié, ein Pfahlbautendorf auf einem See mit Nachfahren vertriebener Sklaven in Benin) besichtigen
- Einblicke in die alltäglichen Strukturen der Länder (Schulen, Krankenhäuser, öffentliche Einrichtungen) erhalten und untersuchen, inwiefern diese neokolonial geprägt sind
- Akteur*innen der Zivilgesellschaft und der Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte treffen
- Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit besuchen
Für die Reise in 2019 konzentrieren wir uns aufgrund unserer eigenen Vorerfahrung auf Benin. Wir kooperieren mit dem beninischen Pfadfinderverband „Scoutisme Béninois“ und schlagen während der Reise unser „Basislager“ in Benins größter Stadt Cotonou auf. Je nach Wunsch und Zusammenstellung der Gruppe ist ein Ausflug nach Togo denkbar. Benins Nachbarland ist nicht weit entfernt und bietet eine spannende Vielfalt weiterer thematischer Anknüpfungspunkte und historischer Hintergründe.
Reiseleitung: Korbinian Schütze und Rodrigue Viatonou
Korbinian Schütze studiert derzeit Architektur in Finnland. Nach seinem Freiwilligendienst in einem Cotonouer Pfadfinderzentrum arbeitete er weiter mit dem beninischen Pfadfinderverband zusammen. Neben regelmäßigen Besuchen in Benin hat er außerdem einige andere westafrikanische Länder bereist. Seit fünf Jahren arbeitet er neben dem Studium als Trainer in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit, vorwiegend in der pädagogischen Begleitung internationaler Freiwilligendienste.
Rodrigue Viatonou ist in Südbenin aufgewachsen. Mehrere Jahre hat er als Entwicklungshelfer für den Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) der Vereinten Nationen (UN) in Cotonou gearbeitet. Seit 2014 lebt er in Düsseldorf, hat für das Institut Français gearbeitet und verkauft Kunsthandwerk von beninischen Handwerker*innen. Da er in Benin als Radiomoderator tätig war, vertieft er derzeit seine Kenntnisse im Bürgerfunk von Antenne Düsseldorf.
Gemeinsam organisieren wir zum ersten Mal eine politische Reise und freuen uns schon sehr darauf, einen Raum für Perspektivwechsel und kritische Diskussionen zu schaffen. Auf der Reise werden wir außerdem als Dolmetscher fungieren, da die Amtssprache in Benin Französisch ist und in der Küstenregion hauptsächlich Fon gesprochen wird. Fehlende Französischkenntnisse sind kein Hindernis für diese Reise! Weiterhin verstehen wir uns auf dieser Reise keinesfalls als Expert*innen, sondern laden ein zu einer gemeinsamen Erfahrung, in der alle Themengebiete und Bedürfnisse gleichermaßen Raum finden sollen.
Programmzeitraum: Sonntag, 04. August bis Samstag, 24. August 2019 (21 Programmtage)
Die genauen An- und Abreisedaten besprechen wir mit den Teilnehmenden. Bei Interesse kann der individuelle Reisezeitraum auch verlängert werden, insbesondere wenn Teilnehmende über Ghana oder Togo an- oder abreisen oder individuell in den Norden Benins reisen möchten.
Teilnahmebeitrag: 2.200 Euro
Im Preis enthalten sind Flugkosten für Hin- und Rückflug, Unterkünfte (inklusive Frühstück) und Transportkosten vor Ort, Vorträge, Führungen, und Unterstützung der Organisationen, die wir besuchen. Ebenso beinhaltet der Teilnahmebeitrag die Kosten für Vor- und Nachbereitungstreffen in Deutschland (An- und Abreise, Unterkunft und Verpflegung).
Derzeit stellen wir Förderanträge und können erst relativ kurzfristig eine Bezuschussung der Reisekosten einkalkulieren. Je nach Wünschen der Reisegruppe in Bezug auf Unterkünfte, Verpflegung und Fortbewegung vor Ort variiert der Teilnahmebeitrag deutlich.
Ein Solidaritätstopf ist vorhanden, bei finanzieller Enge wendet Euch bitte vertraulich an uns.
Bildungsurlaub: Auf Wunsch wird für die Reise eine Anerkennung nach dem Berliner Bildungsurlaubsgesetz als Bildungsurlaub beantragt. Eine Anerkennung in weiteren Bundesländern hängt von den dortigen Richtlinien ab.
Die Teilnahme an dieser Reise ist in diesem Jahr nicht mehr möglich. Aufgrund der aufwändigen Vorbereitungen, haben wir die Anmeldung inzwischen geschlossen.
Weitere Infos und Nachfragen bitte unter benin@iak-net.de.
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