Nach einigen Tagen Aufenthalt in El Paso konnten wir es kaum mehr erwarten, endlich nach Mexiko zu kommen und lateinamerikanische Erde unter den Füßn zu spüren. Der nächtliche Ausflug zum Unabhängigkeitstag hatte uns zwar schon einen ersten Einblick vermittelt, aber dennoch war es spannend, diesmal mit Gepäck und dem Ziel, länger auf mexikanischer Seite zu verweilen, über die Grenze zu gehen. Wir fuhren mit Taxis bis zu einer der vier Grenzbrücken, die die Zwillingsstädte miteinander verbinden und teilten uns auf, damit der Übergang nicht allzu auffällig verlief.
Die Befürchtung, dass unser Gepäck vollständig kontrolliert werden würde, wurde nicht bestätigt. Der Grenzübertritt verlief schnell und reibungslos. Dennoch eigenartig, denn die Grenze markiert nicht nur zahlreiche Exklusions- und Inklusionsmechanismen, und definiert sowohl sichtbar wie auch unsichtbar Leben und Strukturen auf beiden Seiten, sondern lässt unmittelbar spüren, dass es sich hier um eine ziemlich gewaltvolle Grenzziehung handelt, die einen Teil des Kontinents vom anderen trennt .
Wir liefen über die Brücke, die diese zwei unterschiedlichen Welten miteinander verbindet, die nicht mit, aber auch nicht ohne einander können. In nicht so weiter Ferne hallte ein langes Tuten einer der zahlreichen Züge, die mit unzähligen Wagons Waren vom Norden in den Süden und andersrum transportieren und auf deren Dächern jährlich tausende von Migrant_innen vor allem aus dem Süden Mexikos und Mittelamerika ‚gen Norden reisen, um ‚ihr Glück‘ al otro lado- auf der ‚ anderen Seite- den USA, vermuten.
Abseits des Grenzübergangs wirkte alles ziemlich hermetisch abgeschlossen, scheint dann aber doch wieder recht durchlässig zu sein. Denn täglich ueberqueren hunderte von Menschen als Pendler_innen, Einkaufende, Besucher_innen, Familienangehörige und mit ihnen Millonen jegdlicher Waren dieses Nadelöhr. Der Rest verlauft unterirdisch; durch die zahlreichen Tunnel, die beide Länder miteinander verbinden…
Während sich die einen der Gruppe bei der Migrationsbehörde fuer 25 Dollar das Einreisevisum für Mexiko besorgt, werden die anderen bereits von Leo, unserem Ansprechpartner auf mexikanischer Seite mit einem Pick-up erwartet. Dieser wird in den nächsten Tagen unser stetiger Begleiter. Auf der Ladefläche des Wagens finden Koffer, Rucksäcke und Taschen und sonst ein Trupp von Frauen (nämlich uns) Platz.
Diejenigen, die nicht im Wagen unterkommen, fahren mit dem Bus zu unserer Unterkunft, die in der Avenida Insurgentes (die Aufständigen) liegt.
Wir freuen uns, uns in den Bungalows ausbreiten und einrichten zu können. Nach mehrstündigem Ausflug zum Einkaufen für die 11-koepfige Truppe in einer nahe gelegenen Mall, gehen wir auf das internationale Musikfestival FICH, das zur Zeit in Ciudad Juarez stattfindet. Wir schlendern ueber das Festivalgelaende nahe des Kulturzentrums Paso del Norte mit zahlreichen Einkaufs-und Essensständen und warten vergeblich auf die erhoffte Band. Erst im Nachhinein stellen wir fest, dass deren Konzert im letzten Jahr stattgefunden hat und nicht in diesem.