Eine Lektion in Patriotismus
Fort Bliss liegt im Norden von El Paso. Es ist die größte Militärbasis der USA. Hier leben 33.000 Soldaten und 38.000 Familienangehörige und Zivilbeschäftigte. Für El Paso ist es der wichtigste Arbeitgeber, mindestens zehn Prozent der Einwohner bestreiten ihren Lebensunterhalt durch einen Job in Fort Bliss. In den letzten Jahren wurden tausende neuer Unterkünfte fuer Soldaten und deren Familien gebaut. Der Kommentar unseres deutschstämmigen Guides: “As you can see, all brand new!”
Unsere erste Station war das Close Combat Center. Hier werden Soldaten für ihre Auslandseinsätze in Simulatoren vorbereitet. Auch wir wurden aufgefordert, diese täuschend echt anmutenden Geräte auszuprobieren: erst den Innenraum der Panzer, dann in speziellen Simualtionsräumen die Fahrzeuge mit aufgebocktem MG und einzelnen MPs im Innenraum. “Let’s have fun, girls!”, so der Ausbilder, der offensichtlich davon ausging, dass wir begeisterte “Kriegsspielerinnen” seien. Dass wir nicht gänzlich von den Schießübungen auf die “bad guys” in Afghanistan überzeugt waren, sorgte für erhebliche Irritation bei den Ausbildern. Nach einem Mittagessen für weniger als 5 US Dollar stand der Besuch des Museums von Fort Bliss auf dem Programm. Wie nicht anders zu erwarten, empfing uns der geballte Patriotismus. Vor dem Museum ist “Kriegsbeute” zu bewundern, u.a. die V2, die Wernher von Braun entwickelt hatte und der in EL Paso ein hochgeschätzter Mitarbeiter war. Schliesslich leitstete er einen wesentlichen Beitrag für die Weiterentwicklung der US-Raketen- und Rüstungstechnolgie.
Die Krönung nach dem Museumsbesuch war dann die Übergabe von “Abschiedsgeschenken” mit Souvenirs von Fort Bliss. Fast alle trugen die intelligente Losung “ARMY STRONG – go.army.com”
Fort Bliss – „In Afghanistan you better be a goat“
Mit dem Bus ging es raus zum 4.532 km² Gelände, der größten Militärbasis der USA, wo 33.000 Soldaten und 38.000 Familienangehörige und Zivilbeschäftigte leben bzw. tätig sind. Nachdem uns Dieter, dessen Mutter in den 40er Jahren in die USA gegangen war und der dafür zuständig ist Gruppen über das Gelände zu führen, gefunden und eingesammelt hatte, begann der Trip vorbei an brandnew gebauten oder brandnew aufgemöbelten Kasernen, Sportzentren, Kantinen und Schulungszentren. Enthusiastisch berichtet Dieter über Fort Bliss, dass größte Fort der Besten. Wir hielten uns wie geplant gut und stellten neugierig unsere Fragen.
Den ersten Stopp legten wir an einem größeren Gebäude ein. Nichts ahnend begleiteten wir ihn hinein. Fünf Herren mit roten Poloshirts erwarteten uns freudestrahlend. Es wurde berichtet, dass wir im Schulungszentrum angekommen waren. Wir wurden aus dem Vorraum in eine lang gestreckte Halle befördert. Dort standen ca. 40 Plasteboxen. Je eine Große und eine Kleine. Begeistert wurde ein Minipanzer hervorgeholt, die Türen eines der Kabinenduos geöffnet und erläutert, dass die Boxen Übungskabinen sind. „So echt wie in einem Panzer selbst“, meinte einer der Ex-Soldaten. Am Spielzeugbeispiel zeigte er wer wo wie sitzt und welche Aufgaben der_die auszuführen hat.
Schnell drängten wir auf weitergehen. Die Truppe schob uns in die Übungszentrale. Ein riesen Bildschirm zeigte eine Karte von Afghanistan. „Die Karte ist echt, nicht wie in einem Computerspiel. Wir kennen jeden Baum und jedes Postfach. Es wird ständig aktualisiert.“ Auch auf die sensationellen Kosten der Inszenierung wurde überschwänglich hingewiesen. „Alle Simulationsboxen sind vernetzt und es kann ein kompletter Angriff simuliert werden“, wurde uns erklärt. Aha, Mmhh, unsere Fassade hielt. Die erwarteten überschießenden Emotionen blieben aus, was bei den angeheuerten Ausbildern zu Irritationen führte.
Mit Vorfreude wurden wir auf den Hof geführt, wo uns weitere Simulatoren erwarteten. Schnell wurden wir aufgeteilt und in die Boxen befördert. “Let’s have fun, girls!” Sechs Beamer projizierten in 360 Grad Landkarten an die Wände. In der Mitte stand ein Humvee bestückt mit einer Vielzahl von kleineren und größeren Waffen. Fanatisch wurden wir in und auf das Auto geschoben. Nur einzelne konnten sich damit drücken einen der Verrückten in ein Gespräch zu verwickeln. Der Rest war Fahrerin oder Schießende. Die Gesichter fielen zum Großteil zusammen. Ekel machte sich breit. Die erste verließ das Geschehen. „Shoot them down!“ feuerten, die der Realität fernen und outgesourcten Ausbilder an. „And don`t shoot the animals. Kill the bad guy!“ „Das Treiben kann im Übungsangriff wiederholt und wiederholt werden. Alle Simulatoren sind vernetzt. Es gibt auch Simulatoren für Helicopter. Und es gibt die verschiedensten Landkarten“, wurde uns danach geschildert. „If we invated it, we have it. We had Germany for worldwar III. But it doesn`t happended.“
Mit z. T. Erstarrten und verschobenen Gesichtern fielen wir aus den Boxen. Skepsis war bei den roten Poloshirts erkennbar. Zum Glück drängelte Dieter, weil wir nur die Dreistundentour gebucht hatten. Dieters Gesprächigkeit ließ anschließend deutlich nach.
Er beförderte uns an weiteren Bauten mit roten Dächern und erneuerten Fassade vorbei zum Mittagessen. Alles Bio. Nur das Beste. „Es gibt diverse Kantinen auf dem Gelände. Einige Familien wohnen hier. Schulen wurden eingerichtet sowie eine Shoppingmall für die Soldat_innen und ihre Familienangehörigen.“
Nach dem Essen ging`s zum Fort Bliss Museum. Vor dem Gebäude prangten einige Kriegsutensilien. Vornan die V2. Wernher von Braun, der nach dem 2. Weltkrieg in die USA nach Fort Bliss exportiert wurde, musste nach einiger Zeit umgesiedelt werden. Dieter berichtete uns, von Braun und seine Wissenschaftsgruppe fielen mit 100 Dollarnoten in der Innenstadt von El Paso auf. Und bald machte es die Runde, dass sich Nazis in Fort Bliss aufhielten.
Im Schnelldurchlauf ging`s im Museum an in Patriotismus gebadeten und USA zentristisch aufgearbeiteten hochpreisenden Kriegsgeschichten vorbei, an die auch die Wall of Honor mahnen sollte. „We can all. Kick them in the ass“, meinte der Dieter.
Völlig fertig scheuchte uns Dieter wieder ins Auto und manövrierte uns in die rosa Blase der Shopping Mall. „Die Allererste auf allen Stützpunkten in den USA“, meinte er. Der Parkplatz ist voll. Soldat_innen und in zivil Bekleidete schlenderten hinein und hinaus. In der Halle überreichte uns Dieter noch die Armypropagandamappe. Mit rausgequetschtem Höfflichkeitslächeln nahmen wir diese an. „Army strong – goarmy.com“
Hinter der Mall begaben wir uns in den Bus, der uns wieder ins Zentrum beförderte. Mit dem Gefühl einer Achterbahnfahrt, sprachlos und völlig fertig kamen wir wieder am Hotel an.