Ein Gespräch mit Padre Heyman Vázquez Medina, der in Arriaga/Chiapas eine Migrant_innenherberge betreibt, über die Situation zentralamerikanischer Migrant_innen auf einer der gefährlichsten Reisen der Welt.

Können Sie uns etwas über sich und ihre Arbeit erzählen?

Heyman Vázquez Medina: Ich bin Padre Heyman, für die Gemeinde Arriaga zuständig und Leiter der Herberge „Hogar de la misericordia“. Die Herberge begann ihren Dienst 2004. Seitdem haben wir jedes Jahr etwas mehr als 8.000 Migrant_innen empfangen. Die Anzahl der zentralamerikanischen Migrant_innen ist gleichgeblieben, an bestimmten Punkten ist sie sogar angestiegen.

In Chiapas wird über viele Überfälle auf Migrant_innen berichtet. Wie ist die Situation jetzt?

In Chiapas müssen wir von einem Vorher und einem Nachher reden. Vor 2008 wurden die Migrant_innen barbarisch überfallen. 98 Prozent der Migrant_innen, die in die Herberge kamen, wurden ein bis mehrere Male Opfer von Überfällen. Von zehn Frauen, die ankamen, waren sieben sexuell missbraucht und überfallen, geschlagen und ausgeraubt worden. Bis zum aktuellen Datum hat sich die Situation verbessert. Trotzdem ist es weiterhin Normalität, dass Leute überfallen werden. Auch die öffentlichen Behörden sind an den Überfällen beteiligt. Was sich nicht verändert hat ist die prekäre Situation, in der die Migrant_innen in die Herberge kommen. Sie müssen sich verstecken, sie müssen unsichtbar sein und Wege in unbevölkerten Gegenden suchen. Da werden sie leicht Opfer für das organisierte Verbrechen.

Seit die Zugstrecke von Tapachula nach Arriaga 2005 durch den Hurrican Stan verwüstet wurde, ist Arriaga die Station, wo die Migrant_innen zum ersten Mal auf den Zug steigen. Was hat sich dadurch verändert?

Die Anzahl der Migrant_innen ist angestiegen, da Arriaga jetzt der Ort ist, wo die Menschen  auf den Zug steigen. Als der Zug noch aus Tapachula gefahren ist, gab es hier viele Verstümmelte nach Unfällen am Zug. Das ist jetzt nicht mehr der Fall, weil die Unfälle erst auf weiterer Strecke passieren. Früher sind wir gefahren, um die Verletzten auf der Strecke einzusammeln und haben sie ins Krankenhaus gebraucht.

Warum gab es so viele Verstümmelte?

Die Leute waren müde von der Reise, sie sind eingeschlafen und vom Zug gefallen. Jetzt haben wir dieses Problem nicht mehr, das Problem ist jetzt dass die Leute in einem sehr prekären Gesundheitszustand zu uns kommen, weil sie die 250 Kilometer der Zugstrecke zu Fuß zurückgelegt haben.

Die Zugstrecke wurde restauriert, in ein paar Monaten wird der Zug wieder von Tapachula aus abfahren. Wie wird sich die Situation in der Herberge verändern?

Ich hoffe, dass nicht das Gleiche wie vorher eintreten wird. Das große Problem, als der Zug aus Tapachula abgefahren ist, waren die Maras. Die Banden haben Migrant_innen überfallen, ausgeraubt und umgebracht. Sie haben Frauen missbraucht, das war zu der Zeit ein sehr großes Problem. Ich hoffe, dass es nicht wieder zur selben Situation kommt. Arriaga wird aber weiterhin ein Ort sein, wo viele Migrant_innen unterwegs sind, weil hier der Zug hält,  um die Waggons neu zu beladen. Es wird hier immer Migrant_innen geben.

Das Drogenkartell der Zetas ist eine große Gefahr für die Migrant_innen auf ihrer Reise. Gibt es auch hier in Arriaga Vorfälle?

Wir wissen davon, dass es Leute gibt die mit den Zetas arbeiten und herkommen, um die Migrant_innen auszuforschen, die Verwandte in den Vereinigten Staaten haben. Diese Informationen geben sie weiter nach Norden. Aber ich glaube nicht, dass die Zetas hier eine große Präsenz haben. Einer der Zetas, mit dem ich mich unterhalten habe, meinte zu mir: „In Arriaga erhitzen wir das Wasser. In Ixtepec geben wir den Kaffee und den Zucker dazu“.  Damit wollte er mir sagen, dass die Zetas hier nur Forschungsarbeit machen. Ab Ixtepec schlagen sie dann zu.

Das Interview führten die Teilnehmer_innen der Politischen Reise an die Südgrenze Mexikos im Oktober 2011. http://sehenlesenhoeren.tumblr.com/ http://dwybo.net/ Übersetzung: Chris Burdack und Maria Lisa Pichler

http://migrantes.webgarden.es/

Gespräch mit Padre Heyman Vázquez Medina

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