Heute fahren wir ins historische Zentrum von Ciudad Juárez. Unterhalb der zweitürmigen Kathedrale „Catedral de Nuestra Señora de Guadalupe“, einer Kirche aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, befinden sich die Räumlichkeiten der Suppenküche „Catedral“, die seit sechs Jahren von einem religiösen Orden betrieben wird.
Zentrale Aktivität ist die Ausgabe eines warmen und kostenfreien Mittagessens von Montag bis Freitag. Hier werden jedoch auch viele weitere Angebote organisiert und realisiert: Ankommende Migrant:innen werden an eine der Herbergen in der Stadt weitergeleitet und es gibt eine Ausgabe von Lebensmitteln und Hygieneartikeln. Migrant:innen können hier auch Beratung für die Visumsbeantragung erhalten. Der kirchliche Träger wird dabei unterstützt von einer Reihe anderer Organisationen, wie dem Internationalen Roten Kreuz und UNICEF.
In einem Multifunktionsraum treffen wir auf viele Kinder, welche gerade betreut werden während sich ihre Eltern um bürokratische Angelegenheiten bemühen. Und wir treffen auf eine Frauengruppe, die gemeinsam strickt. Christina, die Leiterin der Einrichtung, erzählt uns, dass das Strickprojekt zunächst zur Unterstützung der physisch-emotionalen Genesung nach der langen, gefährlichen und anstrengenden Reise gedacht war. Mittlerweile hat sich daraus eine größere Gemeinschaft von und für Frauen in Migration entwickelt, deren Strickwaren zu Taschen verarbeitet werden. Die Taschen werden in den USA vertrieben und die Frauen erhalten knapp 50% des Erlöses – ein kleines Einkommen, während sie zumeist mehrere Monate in Ciudad Juárez auf ihre Visumsentscheidung warten.
In der Suppenküche arbeiten haupt- und ehrenamtlich auch Frauen, die selbst eine Migrationsgeschichte haben. So zum Beispiel eine Venezuelanerin, die uns alle Räumlichkeiten zeigt und die selbst vor sechs Jahren nach Mexiko kam. Wir haben zudem das Glück und die Ehre, länger mit einer ehrenamtlich Engagierten aus Venezuela zu sprechen, welche erst seit ca. drei Monaten in Juárez ist. Sie erzählt uns ausführlich von ihrer lebensgefährlichen Reise durch den Darién Gap, einem Dschungelgebiet zwischen Kolumbien und Panama, durch Costa Rica und Guatemala nach Mexiko-Stadt. Und von dort weiter auf den Güterzügen nach Ciudad Juárez.
Wie Cristina später anschließt, ist wegen verstärkter Kontrollen entlang der Zugstrecke in Mexiko dieser Teil der Route aktuell schon gar nicht mehr passierbar.
von Jenny